11

Biomechanik der Bewegung

German

11.1


Allgemeines

11.1.1 ALLOMETRIE
Verhältnis quantifizierbarer Eigenschaften eines Teils eines Organismus zu jenen des Gesamtkörpers oder eines seiner anderen Teile oder zu verwandten Organismen von unterschiedlicher Größe (repräsentiert durch die Körpermasse).
11.1.2 ANTHROPOMETRISCH
Bezogen auf Abmessungen, Gewichte und daraus abgeleitete physikalische Größen von menschlichen Körperteilen
11.1.3 BALANCE
Fähigkeit, das Gleichgewicht und eine definierte Lage im Raum zu halten
11.1.4 BIOMECHANIK
Interdisziplinäres Wissenschaftsgebiet, das sich mit Ursachen und Wirkungen der an und in einem biologischen System (z.B. Menschen, Tiere, Pflanzen) auftretenden Bewegungen und Kräfte befasst.
11.1.5 BIOMIMETIK
Wissenschaftliche Zielstellung, die auf die Entwicklung technischer Systeme unter Auswertung von Funktionsprinzipien biologischer Systeme gerichtet ist. {Siehe auch: Biomimetik (13)}
11.1.6 KNOCHEN
Druckfestes und biegesteifes, kaum verformbares Bindegewebe, das aus Knochenzellen sowie einer von Kollagenfasern und eingelagerten Kalksalzen durchsetzten Grundsubstanz besteht und das Endoskelett eines Wirbeltierkörpers bildet.
11.1.7 KAPILLARE
Kleines, mit einschichtiger Wand umgebenes Gefäß im Blutkreislauf- und Lymphsystem, (dessen kleinstmöglicher Durchmesser vermutlich durch die Größe der geformten Bestandteile des passierenden Fluids festgelegt ist).
11.1.8 ZELLE
Funktionelle und strukturelle Einheit aller Organismen, bestehend aus Kern, Plasma mit Zellorganellen und umhüllender Membran.
11.1.9 CHITIN
Mit einer spezifischen Textur versehenes, stickstoffhaltiges Polysaccharid, das die Stützstruktur des Exoskeletts von Wirbellosen mit ortsabhängig unterschiedlicher Nachgiebigkeit bildet.
11.1.10 KOHÄRENZ
In Organismen lückenlose stoffschlüssige Verbindung aller an der Kraft- und Bewegungsübertragung beteiligten Organe, gegründet auf deren makromolekularer Struktur.
11.1.11 KOLLAGEN
Protein (Eiweiß), das den Hauptbestandteil von faserigem, zugfestem Bindegewebe bildet (z. B. in Sehnen).
11.1.12 VERFORMUNG, ISOCHORE
Verformung eines mechanisch belasteten Körpers, bei der das Körpervolumen konstant bleibt.
11.1.13 EXTREMITÄT
Aus dem Rumpf hervortretender Körperteil zur Ausübung von Lokomotion und Idiomotion (z. B. Manipulation).
11.1.14 FASER
Langgestreckte, fadenförmige Struktur, bestehend aus einem Zellfortsatz (z. B. Nervenfaser) oder aus mehreren miteinander verschmolzenen Zellen (z. B. in Skelettmuskeln) oder aus extrazellulären Substanzen (z. B. in Bindegewebe).
11.1.15 FIBRILLE
Fadenförmiges Strukturelement in Zell- und Bindegewebestrukturen, oft als Bestandteil von Fasern.
11.1.16 FILAMENT
Langgestrecktes molekulares Strukturelement von Fibrillen
11.1.17 FLUID
Stoffliche Substanz (Gas, Flüssigkeit, Granulat) deren Partikeln (Korpuskeln, Moleküle, Atome) sich relativ zueinander bewegen können ohne Bruchstellen zu bilden, und in der mittels Formänderung induzierte Schubspannungen durch Fließen vollständig abgebaut werden.
11.1.18 FLUID, BINGHAM-PLASTISCHES
Fluid, bei dem ein Fließen erst nach Überschreitung einer bestimmten Schubspannung einsetzt; danach bleibt die Viskosität wie in einem Newtonschen Fluid konstant.
11.1.19 FLUID, DILATANTES
Fluid, bei dem die Viskosität mit zunehmender Schergeschwindigkeit ansteigt.
11.1.20 FLUID, NEWTONSCHES
Fluid, in dem die Schubspannung in jedem Punkt dem Geschwindigkeitsgradienten proportional ist; Proportionalitätsfaktor ist die dynamische Viskosität.
11.1.21 FLUID, PSEUDO-PLASTISCHES
Fluid, dessen Viskosität unmittelbar mit zunehmender Schergeschwindigkeit abnimmt.
11.1.22 FLUID, RHEOPEKTISCHES
Fluid, dessen Viskosität unter der Wirkung einer Schubspannung zeitabhängig zunimmt.
11.1.23 FLUID, THIXOTROPES
Fluid, dessen Viskosität unter der Wirkung einer (vibratorischen) Schubspannung zeitabhängig abnimmt und nach Beendigung der Krafteinwirkung wieder zunimmt.
11.1.24 FLUIDITÄT
Reziprokwert der Viskosität.
11.1.25 GESCHWINDIGKEITSGRADIENT
Auf die Schichtdicke in einem Fluid bezogener Betrag der Änderung der Strömungsgeschwindigkeit eines Punktes.
11.1.26 HANAVANS MODELL
Modell des menschlichen Körpers, in dem die Körpersegmente durch 15 geometrisch einfache Festkörper repräsentiert sind: je einer für Kopf, Oberkörper, Unterkörper und je zwei für Oberarme, Unterarme, Hände, Oberschenkel, Unterschenkel, Füße.
11.1.27 KINESIOLOGIE [BEWEGUNGS-LEHRE]
Wissenschaftzweig von der Bewegung des Menschen, in der sich Aspekte von Psychologie, Physiologie, Bewegungstraining und Biomechanik verbinden.
11.1.28 GLIED [GLIEDMASZE]
Seriell gegliederte Extremität wie Bein oder Arm. {Siehe auch: Glied 1.1.2}
11.1.29 BELASTUNG, KOMBINIERTE
Belastung durch gleichzeitiges Wirken von mehr als einer äußeren Kraft oder eines äußeren Moments.
11.1.30 METABOLISMUS
Gesamtheit aller chemischen und der sie begleitenden physikalischen Vorgänge, die der Aufnahme, der Umsetzung und dem Abbau der zur Aufrechterhaltung der Struktur des Organismus und seiner Funktionen notwendigen Stoffe dienen.
11.1.31 METHODE, SEGMENTALE
Methode zur Bestimmung der Lage des Massenmittelpunktes eines Körpers aus den Massen und der Lage der Massenmittelpunkte der einzelnen Körperteile.
11.1.32 MORPHOLOGIE
Lehre von der sich aus Struktur und äußerer Form ergebenden Gestalt eines Organismus oder seiner Teile und deren phylogenetischer und ontogenetischer Entwicklung.
11.1.33 ORGAN
Aus mehreren unterschiedlichen Geweben bestehender Teil des Körpers, der eine strukturelle Einheit bildet und bestimmte Funktionen erfüllt.
11.1.34 ORGANISMUS
Biologisches System, das aus einer Zelle oder einer Gruppe von differenzierten und voneinander abhängigen Zellen oder Organen besteht, körperlich von seiner Umgebung abgegrenzt ist und unter Nutzung der durch Metabolismus endogen gewandelten Energie Lebensfunktionen autonom ausübt.
11.1.35 OSMOSE
Diffusion von Gasen oder Flüssigkeiten mit gelösten Stoffen durch eine halbdurchlässige Membran zum Ausgleich unterschiedlicher Lösungskonzentrationen auf beiden Seiten der Membran.
11.1.36 GRENZE, ELASTISCHE
Punkt im Belastungs-Formänderungs-Diagramm, der den Beginn einer bleibenden Formänderung anzeigt.
11.1.37 SCHERGESCHWINDIGKEIT
Geschwindigkeitsgradient in einer ebenen Schichtströmung
11.1.38 TENSIGRITÄT [TENSEGRITY]
Eigenschaft der Selbststabilisierung eines mechanischen Systems, bestehend aus einander nicht berührenden druckaufnehmenden Stützelementen, die durch ein kraft- und stoffkohärentes System zugaufnehmender Spannelemente miteinander verbunden sind. Bemerkung: "Tensegrity" ist ein von R. B. Fuller (1895-1983) aus "tension" und "integrity" gebildetes Kunstwort.
11.1.39 TEXTUR
Räumliche Anordnung der Moleküle einer biologischen Substanz, die deren mechanische Anisotropie bewirkt.
11.1.40 GEWEBE
Verbund von gleichen oder verschiedenartigen Zellen, die bestimmte Funktionen ausüben.
11.1.41 BINDEGEWEBE
Gewebe, das andere Gewebe oder Organe stützt, verbindet, trennt oder umhüllt.
11.1.42 TURGESZENZ
Durch zunehmenden Flüssigkeitsgehalt verursachte Volumenvergrößerung einer Zelle oder eines Gewebeverbandes.
11.1.43 TURGOR
Durch Osmose oder kontraktive Wirkung erzeugter Spannungszustand des Gewebes von Organismen.
11.1.44 VISKOELASTISCH
Zeitabhängig dehn- oder verkürzbar.
11.1.45 VISKOELASTIZITÄT
Eigenschaft eines Materials, das viskos ist und zugleich auch gewisses elastisches Verhalten zeigt ( wie die Fähigkeit zum Speichern von Formänderungsenergie), und in dem die Wirkung einer Schubspannung eine Formänderung auslöst, die langsam dem Gleichgewichtszustand zustrebt.
11.1.46 VISKOSITÄT [ZÄHIGKEIT]
Durch molekulare Wechselwirkung verursachte innere Reibung in einem Fluid, das einer Schubspannung ausgesetzt ist.
11.1.47 VISKOSITÄT, DYNAMISCHE
Verhältnis der Schubspannung zum Geschwindigkeitsgradient eines Fluids.
11.1.48 VISKOSITÄT, KINEMATISCHE
Dynamische Viskosität bezogen auf die Dichte eines Fluids.
11.1.49 WOLFFS GESETZ
In einem Organismus werden unter langfristig zunehmender Belastung der Stützelemente deren innere Spannungen durch zusätzliche lokale Anlagerung (Apposition) von Stützsubstanz (Knochen, Chitin, Zellulose) ausgeglichen; am Knochen erfolgt bei verminderter Belastung auch ein Rückbau (Resorption).

11.2


Erzeugung von Bewegung und Kraft

11.2.1 AKTIONSPOTENTIAL
Elektrisches Potential zwischen der Innenfläche und der Außenfläche einer Zellmembran (z. B. von Rezeptorzellen, Nervenzellen, Muskelfasern), das sich nach Überschreiten eines spezifischen Schwellenwertes ungemindert über die Membran ausbreitet.
11.2.2 AKTIVIERUNG
Nervale Erregung einer Muskelfaser oder einer Motorischen Einheit
11.2.3 KOMPONENTE, KONTRAKTIVE
Wirkung der von aktivierten Muskelfasern erzeugten Zugkraft des Muskels.
11.2.4 KOMPONENTE, DISLOZIERENDE
Komponente der Muskel-Kraft, die vom zugeordneten Gelenk weg gerichtet ist und dessen verbindende Kräfte schwächt.
11.2.5 KOMPONENTE, PARALLELE ELASTISCHE
Passive elastische Wirkung eines Muskels, verursacht z.B. durch Nachgiebigkeit von Muskelmembranen.
11.2.6 KOMPONENTE, ROTATORISCHE
Komponente der Muskelkraft, die am Muskelansatz rechtwinklig zur Längsachse des betreffenden Knochens wirkt.
11.2.7 KOMPONENTE, SERIELLE ELASTISCHE
Passive elastische Wirkung eines Muskels, verursacht z.B. durch Nachgiebigkeit von Sehnen.
11.2.8 KOMPONENTE, STABILISIERENDE
Komponente der Muskelkraft, die in Richtung auf das zugeordnete Gelenk wirkt und dessen verbindende Kräfte verstärkt.
11.2.9 KONTRAKTION, AUXOTONE
Kontraktion eines Muskels, in deren Verlauf sich sowohl Spannung als auch Länge des Muskels ändern (Unterstützungskontraktion).
11.2.10 KONTRAKTION, KONZENTRISCHE
Verkürzung eines Muskels unter Belastung.
11.2.11 KONTRAKTION, EXZENTRISCHE
Verlängerung (negative Verkürzung) eines Muskels unter Belastung.
11.2.12 KONTRAKTION, ISOKINETISCHE
Kontraktion eines Muskels, bei der der Betrag seiner Längenänderung (oder der Kontraktionsgeschwindigkeit) konstant bleibt.
11.2.13 KONTRAKTION, ISOMETRISCHE
Kontraktion eines Muskels, bei der seine Länge konstant bleibt.
11.2.14 KONTRAKTION, ISOTONISCHE
Kontraktion eines Muskels, bei der die Muskelspannung konstant bleibt.
11.2.15 KONTRAKTION, TETANISCHE
Länger anhaltende Kontraktion eines Muskels infolge der Verkettung vieler kleiner, in schneller Aufeinanderfolge ablaufender Kontraktionen (twitches) der einzelnen Muskelfasern.
11.2.16 QUERBRÜCKE
Durch Aktivierung einer Muskel-Faser ausgelöste periodische, flexible molekulare Verbindung von parallel zueinander angeordneten (Myosin-)Filamenten und (Aktin-)Filamenten, die unter Wirkung innermolekularer Kräfte eine gleitende relative Längsbewegung der Filamente erzeugen kann.
11.2.17 ZYKLUS, DEHNUNGS-VERKÜRZUNGS-
Schnelle Folge von exzentrischer Kontraktion und konzentrischer Kontraktion.
11.2.18 VERTEILUNGS- [MUSKEL-KOOPERATIONS-] PROBLEM
Problem der Berechnung von inneren Kräften (einschl. der Muskelkräfte), die in den Gelenken auf das Skelett wirken, ausgehend von bekannten resultierenden Gelenkkräften und Momenten. (Das Problem ist üblicherweise statisch unbestimmt, die am häufigsten gebrauchte Lösungsmethode ist die mathematische Optimierung).
11.2.19 ELEKTRO-MYOGRAMM (EMG)
Aufzeichnung des räumlichen und zeitlichen Integrals des Aktionspotentials einer Gruppe von Motorischen Einheiten während der Muskelkontraktion.
11.2.20 EXTENSOR [STRECKER]
Muskel, dessen Kontraktion zur Vergrößerung des Winkels zwischen den Längsachsen zweier gelenkig verbundener Glieder führt.
11.2.21 FASERANORDNUNG, GEFIEDERTE
Anordnung von Muskelfasern, bei der die Zugrichtungen der Fasern in bestimmtem Winkel zur Zugrichtung der mit ihnen verbundenen Ansatzsehne bzw. Aponeurose verlaufen.
11.2.22 FLEXOR [BEUGER]
Muskel, dessen Kontraktion den Winkel zwischen den Längsachsen zweier gelenkig verbundener Glieder verkleinert.
11.2.23 KRAFT-LÄNGEN-CHARAKTERISTIK
Funktioneller Zusammenhang zwischen der von einem Muskel erzeugten Kraft und seiner Längenänderung in der Nähe der Ruhelänge, üblicherweise gemessen unter isometrischen Bedingungen bei einer gegebenen Aktivierung.
11.2.24 KRAFT-GESCHWINDIGKEITS-CHARAKTERISTIK
Funktioneller Verlauf der bei Verkürzung eines Muskels abnehmenden bzw. bei dessen Verlängerung zunehmenden Kraft. (Die Geschwindigkeit der Längenänderung muss messtechnisch an dem aus einer isometrischen Einspannung freigegebenen aktivierten Muskel ermittelt werden).
11.2.25 HILLSCHE KURVE
Hyperbolische Beziehung zur näherungsweisen Darstellung der empirisch gefundenen Kraft-Geschwindigkeits-Charakteristik des Muskels (oder einer Gruppe agonistischer Muskeln) während isotonischer Kontraktion in der Nähe der Ruhelänge.
11.2.26 HUXLEYS KURVE
Kraft-Längen-Charakteristik eines Sarkomers, die hypothetisch die Abhängigkeit der entwickelten Kraft vom Überlappungsgrad der aktiven Filamente darstellt.
11.2.27 HEMMUNG, REZIPROKE
Hemmung antagonistischer Muskeln, hervorgerufen durch Aktivierung von Muskelspindeln des agonistischen Muskels.
11.2.28 MOTONEURON
Nerv, der die Signale zur Aktivierung von Skelettmuskeln auf deren Fasern überträgt.
11.2.29 MOTORISCHE ENDPLATTE
Synapse zwischen einem Motoneuron und der Zellmembran von Muskelgeweben.
11.2.30 MOTORISCHE EINHEIT
Kleinste funktionelle Einheit eines Muskels, bestehend aus einer Gruppe von Muskelfasern, die vom gleichen Motoneuron aktiviert werden und insofern vom Nervensystem einzeln ansteuerbar ist.
11.2.31 MUSKEL
Gewebe aus kontraktiven Zellen, die durch Metabolismus gewonnene Energie in mechanische Arbeit umwandeln und durch Kontraktion und Verkürzung die Bewegung eines Organs oder Körperteils bewirken (agonistischer Muskel) oder ihr aktiv entgegen wirken (antagonistischer Muskel).
11.2.32 MUSKELFASER, SCHNELLE
Skelettmuskel-Faser, die ihre maximale Zugkraft relativ schnell erreicht (in etwa einem Siebentel der Zeit, die eine langsame Muskelfaser benötigt).
11.2.33 MUSKELFASER, LANGSAME
Skelettmuskel-Faser, die ihre maximale Zugkraft relativ langsam erreicht.
11.2.34 MUSKELSPINDEL
Sensibler fibröser Zugkraft-Rezeptor in Muskeln, der bei Dehnung eine Reflex-Kontraktion hervorruft und in antagonistischen Muskeln die Entwicklung von Zugspannung hemmt.
11.2.35 MUSKEL, AGONISTISCHER
Muskel, der Bewegung einleitet und ausführt.
11.2.36 MUSKELS, ANATOMISCHER QUERSCHNITT EINES
Größter, rechtwinklig zur Zugrichtung gemessener Querschnitt eines Muskels.
11.2.37 MUSKEL, ANTAGONISTISCHER
Muskel, der agonistischen Muskeln entgegenwirkt.
11.2.38 MUSKEL, ZWEIKÖPFIGER
Muskel mit zwei Muskelursprüngen oder Muskelansätzen.
11.2.39 MUSKEL, ZWEIFACH GEFIEDERTER
Gefiederter Muskel, dessen Fasern die Ansatzsehne von zwei einander gegenüberliegenden Seiten erreichen.
11.2.40 MUSKEL, HERZ-
Die Herzwand bildendender Muskel aus einem Netzwerk verzweigter länglicher Zellen (Fasern), deren Verbindungen mit Nachbarzellen durch unregelmäßige Querbänder gekennzeichnet sind und dessen Kontraktionen multiaxial verlaufen.
11.2.41 MUSKEL, ZWEIBÄUCHIGER
Muskel, der zwei durch eine Sehne voneinander getrennte, seriell angeordnete Muskelbäuche aufweist.
11.2.42 MUSKEL, GEFIEDERTER
Muskel mit gefiederter Faseranordnung.
11.2.43 MUSKEL, SPINDELFÖRMIGER
Muskel, dessen Durchmesser sich zu den Enden hin verjüngt.
11.2.44 MUSKELANSATZ [INSERTION]
Ort der Befestigung eines Muskels an dem von ihm bewegten distalen Glied bzw. Körperteil.
11.2.45 MUSKEL, MEHRKÖPFIGER
Muskel, der mehrere Ursprungs- oder Ansatzorte hat.
11.2.46 MUSKEL, MEHRGELENK-
Muskel, der mehr als ein Gelenk überspannt.
11.2.47 MUSKELS, NEGATIVE ARBEIT EINES
Arbeit eines Muskels während einer exzentrischen Kontraktion, in der das Moment der Muskelkraft dem Drehsinn der Winkelgeschwindigkeit im Gelenk entgegenwirkt (wenn das Moment infolge äußerer Belastung größer ist als das Muskelmoment).
11.2.48 MUSKEL, RING- [KONSTRIKTOR]
Muskel, dessen Fasern annähernd in Form eines Torus angeordnet sind.
11.2.49 MUSKELURSPRUNG
Ort der Befestigung eines Muskels an einem proximalen Glied bzw. Körperteil.
11.2.50 MUSKELS, PHYSIOLOGISCHER QUERSCHNITT EINES
Summe der Querschnitte aller Fasern eines Muskels, gemessen auf einer Fläche, die alle Fasern rechtwinklig zu ihrer individuellen Längsachse schneidet.
11.2.51 MUSKELS, POSITIVE ARBEIT EINES
Arbeit eines Muskels während einer konzentrischen Kontraktion, in der das Moment der Muskelkraft im gleichen Drehsinn wie die Winkelgeschwindigkeit im Gelenk wirkt.
11.2.52 MUSKEL, GLATTER [UNWILLKÜRLICHER] [EINGEWEIDE-]
Muskel, der aus spindelförmigen Zellen innerhalb von Bindegewebe besteht und, gesteuert vom autonomen Nervensystem, langsame, anhaltende, vom jeweiligen Individuum nicht bewusst beeinflussbare Kontraktionen erzeugt.
11.2.53 MUSKEL, SKELETT- [WILLKÜRLICHER] [QUER-GESTREIFTER]
Am Skelett befestigter Muskel zur willkürlich gesteuerten Bewegung von Gliedern, bestehend aus parallelen Bündeln vielzelliger Fasern, die in mikroskopischer Betrachtung infolge von Beugungseffekten quergestreift erscheinen.
11.2.54 MUSKEL, SYNERGISTISCHER
Muskel, der zusammen mit einem oder mehreren anderen agonistischen Muskeln einen Körperteil im gleichen Richtungssinn bewegt.
11.2.55 MUSKEL, EINFACH GEFIEDERTER
Gefiederter Muskel, dessen Fasern die Ansatzsehne von nur einer Seite erreichen.
11.2.56 REKRUTIERUNG
Anteil der zur Kontraktion und Kraftentwicklung aktivierten Muskelfasern am Gesamtpotential eines Muskels.
11.2.57 SARKOMER
Strukturelle Einheit des Muskelgewebes, die sich unter Wirkung molekularer Kräfte zwischen in Längsrichtung relativ zueinander beweglichen Filamenten aus Muskel-Proteinen verkürzt.
11.2.58 GLEITTHEORIE DER MUSKELKONTRAKTION
Theorie, nach der die Kraftentwicklung des Muskels durch gemeinsame, zeitlich überlappte Aktionen zahlreicher Querbrücken bewirkt wird.
11.2.59 DEHNUNG, AKTIVE
Streckung von Muskeln, Sehnen und Bändern, die durch die aktive Entwicklung von Zugkraft in antagonistischen Muskeln hervorgerufen wird.
11.2.60 DEHNUNG, PASSIVE
Streckung von Muskeln, Sehnen und Bändern, die durch eine andere streckende Kraft als die eines antagonistischen Muskels hervorgerufen wird.
11.2.61 SYNAPSE
Punktuelle Verbindung zwischen einer Nerven- oder Rezeptorzelle und anderen Zellen (z.B. von Nerven, Muskeln, Drüsen), die durch chemische oder elektrische Wechselwirkung Erregungen überträgt.
11.2.62 TONUS
Kontinuierlicher, unwillkürlicher Grundspannungszustand des Muskels, der Stützung und Formhaltung eines Organismus gewährleistet, erzeugt durch gemäßigte wechselnde Erregung einzelner Motorischer Einheiten.
11.2.63 EINZELZUCKUNG [TWITCH]
Kurzzeitige Änderung der Kraft einer Muskel-Faser oder einer motorischen Einheit als Antwort auf einen einzelnen neuronalen Reiz.

11.3


Übertragung von Bewegung und Kraft

11.3.1 AMPHIARTHROSE
Geringfügig bewegliches Gelenk, in dem die korrespondierenden Knochenoberflächen durch Faserknorpel oder hyalinen Knorpel stoffschlüssig miteinander verbunden sind.
11.3.2 APONEUROSE [SEHNENPLATTE]
Dünne zugfeste fibröse Platte, die im gefiederten Muskel die Sehne fortsetzt und einen ausgedehnten Befestigungsbereich für die Muskel-Fasern bietet.
11.3.3 BURSA [SCHLEIMBEUTEL]
Kleiner Beutel aus fibrösem Gewebe, der von einer Synovialmembran ausgekleidet und mit Synovia gefüllt ist, zur Verminderung von Druck oder Reibung in Gelenken und an Stellen, an denen Sehnen über Knochen geführt sind (z. B. an einem Hypomochlion).
11.3.4 KNORPEL [CARTILAGO]
Nachgiebiges Bindegewebe, dessen interzelluläre Grundsubstanz infolge seiner Faserarkaden-Struktur beträchtlichen Druck aufnehmen kann.
11.3.5 KNORPEL, ELASTISCHER
Knorpel, in dessen interzellulärer Grundsubstanz neben kollagenen auch elastische Fasern verteilt sind.
11.3.6 KNORPEL, FASER-
Fester, zäher Knorpel, dessen interzelluläre Grundsubstanz in einer bestimmten Textur orientierte dichte kollagene Faserbündel enthält.
11.3.7 KNORPEL, HYALINER
Knorpel, in dessen interzellulärer Grundsubstanz glasige Kollagenfasern eingebettet sind.
11.3.8 KONDYLUS
Konvexer asphärischer Gelenkkopf eines Knochens oder der Chitinhülle eines Gliedes.
11.3.9 DIARTHROSE [DISKONTINIERLICHES GELENK]
Gelenk-Typ, bei dem benachbarte Glieder sich mit knorpelüberzogenen Knochenoberflächen in einem Gelenkspalt berühren und relativ zueinander form- und kraftgeführt beweglich sind.
11.3.10 FASERARKADEN
Bogenförmige Anordnung von Kollagenfasern in hyalinem Knorpel, durch die eine Druckbelastung des Knorpels zum Teil durch eine Biegung der Fasern mit begleitender Zugbeanspruchung aufgenommen wird.
11.3.11 WIDERLAGER [FULCRUM]
Stütze oder Achse eines drehbar gelagerten Hebels.
11.3.12 HYPOMOCHLION
Druckkraftaufnehmende Ausformung eines Knochens, an der sich die Zugrichtung einer Sehne um einen bestimmten Winkel verändert.
11.3.13 GELENK
Verbindung benachbarter Glieder, die deren relative Bewegung (mit einem bestimmten Gelenkfreiheitsgrad) zulässt. {Siehe auch: Gelenk (1)}
11.3.14 GELENKBEWEGLICHKEIT
Ausdruck für Ausmaß und Orientierung der räumlichen Bereiche, in denen ein Gelenk relative Bewegungen der miteinander verbundenen Glieder zulässt.
11.3.15 GELENKSTABILITÄT
Ausdruck für die Fähigkeit eines Gelenkes, einer anomalen relativen Verlagerung der artikulierenden Knochen (Disartikulation) zu widerstehen.
11.3.16 GELENK, KUGEL-
Diarthrose, die durch einen kugelförmigen Gelenkkopf in einer konkaven Gelenkpfanne gebildet ist und relative Winkelbewegungen um drei Hauptachsen ermöglicht. {Siehe auch: Kugelgelenk (1)}
11.3.17 GELENK, EI-[ELLIPSOID-]
Diarthrose, die durch einen ellipsoidischen Kondylus in einer entsprechenden konkaven Gelenkpfanne gebildet ist und relative Winkelbewegungen um zwei Hauptachsen ermöglicht.
11.3.18 GELENK, SCHARNIER- [GINGLYMUS]
Diarthrose, die durch einen zylinderförmigen Gelenkkopf in einer hohlzylindrischen Gelenkpfanne gebildet ist und, in Verbindung mit Kraftführung, eine relative Winkelbewegung um eine Achse rechtwinklig zur gliedzentralen Achse erlaubt.
11.3.19 GELENK, INKONGRUENTES
Diarthrose, in dem sich die Form der Kontaktfläche der beiden einander berührenden gelenkbildenden Knochenflächen während der relativen Bewegung ändert.
11.3.20 GELENK, PLANAR-
Diarthrose, in der sich ebene gelenkbildende Knochenflächen in einer gemeinsamen Ebene berühren und kleine relative Translationsbewegungen in dieser Ebene und eine Winkelbewegung um eine Achse orthogonal dazu ermöglichen.
11.3.21 GELENK, SATTEL-
Diarthrose, in der beide gelenkbildende Knochenflächen einander reziprok sattelförmig ausgebildet sind, sich im Sattelgrund berühren und relative Winkelbewegungen um zwei Hauptachsen zulassen.
11.3.22 GELENK, DREH- [TROCHOID-]
Diarthrose, die durch einen zylinderförmigen Gelenkkopf in einem hohlzylindrischen Ausschnitt gebildet ist und eine relative Winkelbewegung um eine gliedzentrale Achse erlaubt. {Siehe auch: Drehgelenk (1)}
11.3.23 BAND, (GELENK-) [LIGAMENT]
Flexibles, wenig dehnbares Band aus fibrösem Bindegewebe, dass in einem Gelenk zwei Knochen miteinander verbindet, deren Kopplung sichert und deren relative Bewegung nur in bestimmten Richtungen zulässt.
11.3.24 BÄNDER, SEITEN- [KOLLATERAL-]
Ein Paar einander paralleler Ligamente, die beiderseits eines Scharniergelenkes angeordnet sind und jeweils in Ebenen rechtwinklig zu dessen Drehachse liegen.
11.3.25 BÄNDER, KREUZ-
Ein Paar gekreuzter Ligamente, das an einem inkongruenten Gelenk mit einer Drehachse in einer Ebene rechtwinklig zu dieser Achse angeordnet ist und übermässiges relatives Gleiten verhindert.
11.3.26 MENISKUS
Knorpel-Scheibe, die zwischen den korrespondierenden Flächen eines Gelenks mit ausgeprägter Inkongruenz liegt
11.3.27 BEWEGUNGS-SEGMENT
Funktionelle Einheit der Wirbelsäule, bestehend aus zwei benachbarten Wirbelknochen, den verbindenden Gelenken und zugehörigem Bindegewebe.
11.3.28 STELLUNG, EINWÄRTS- [KONTAKT-MAXIMALE]
Stellung eines inkongruenten Gelenks, in der die Kontaktfläche der sich berührenden Knochenflächen am größten ist.
11.3.29 VORSPANNUNG
Spannung in Knochen, hervorgerufen durch Zugkraft in ruhenden Bändern.
11.3.30 SKELETT
Stabiles Gerüst aus im Vergleich mit anderen Körperteilen steiferer Substanz (Knochen, Chitin, Bindegewebe), das einem Körper die Form gibt, seine weicheren Organe und Gewebe schützt und trägt sowie an den Muskelursprüngen und Muskelansätzen die Übertragung von Muskelkräften ermöglicht.
11.3.31 ZYTOSKELETT
Aus Plasmafüllung und Proteinfasern (intrazelluläre Filamente) bestehende Verspannungsstruktur einer Zelle.
11.3.32 SKELETT, ENDO-
Knöchernes Skelett, das im Inneren eines Körpers liegt und bei dem sich Muskelursprünge und Muskelansätze an der Außenseite der Knochen befinden (wie z. B. bei Wirbeltieren).
11.3.33 SKELETT, EXO-
Skelett, das einen Körper umhüllt und bei dem sich Muskelursprünge und Muskelansätze an der Innenseite der Skelettteile befinden (wie z.B. bei Gliederfüßern).
11.3.34 SKELETT, HYDRO- [HYDRO-STATISCHES]
Nachgiebige Struktur aus geschlossenen flüssigkeitsgefüllten Kammern, die von kontraktilem Gewebe umgeben sind und aufgrund ihres hydrostatischen Druckes formbildend wirken und Muskelkräfte aufnehmen können (wie z.B. bei Würmern).
11.3.35 SYNARTHROSE
Geringfügig bewegliches Gelenk, in dem die korrespondierenden Knochenoberflächen durch faseriges Gewebe stoffschlüssig miteinander verbunden sind.
11.3.36 GELENKSCHMIERE [SYNOVIA]
Von der Synovialmembran abgesonderte, schleimige Flüssigkeit, die ein Gelenk umgibt, einen Schleimbeutel oder eine Sehnenscheide ausfüllt und das Verhalten eines pseudoplastischen Fluids und thixotropen Fluids aufweist.
11.3.37 MEMBRAN, SYNOVIAL- [SYNOVIALIS]
Membran, die die Umhüllung eines Gelenks oder einer Sehne bildet und Gelenkschmiere absondert.
11.3.38 SEHNE
Flexibler, begrenzt dehnbarer Zugstrang, der aus zahlreichen parallelen Bündeln von Kollagenfasern besteht und dazu dient, die Kraft eines Muskels auf das Skelett zu übertragen.
11.3.39 SEHNENSCHEIDE
Doppelwandige Hülle der Sehne, ausgekleidet mit einer Synovialmembran und gefüllt mit Synovia, die der Sehne eine reibungsarme Relativbewegung ermöglicht.

11.4


Bewegung von Körpern und Körperteilen

11.4.1 ABDUKTION
Bewegung eines Gliedes oder anderen Körperteiles von der Medianebene weg gerichtet.
11.4.2 ADDUKTION
Bewegung eines Gliedes oder anderen Körperteiles zur Medianebene gerichtet.
11.4.3 ANGRIFFSWINKEL
1. Winkel zwischen der Längsachse eines schwimmenden Körpers und der Strömungsrichtung eines Fluids. 2. Winkel zwischen der Geraden durch den Schwerpunkt und den Bodenkontaktpunkt eines Körpers und der Projektion dieser Geraden auf den Boden.
11.4.4 BIPEDE [ZWEIBEINER]
Tier mit zwei Gliedmaßen zur Lokomotion oder Schreitroboter mit zwei Pedipulatoren.
11.4.5 SPRUNG
Asymmetrische Gangart eines Vierbeiners, in der jedes der beiden Beinpaare keinen oder relativ geringen Führungsabstand aufweist.
11.4.6 HALBSPRUNG
Sprung mit mäßigem vorderen, aber sehr geringem oder keinem hinteren Führungsabstand.
11.4.7 BEWEGUNGSZYKLUS (EINES BEINES)
Periodische Aufeinanderfolge einer Standphase und einer Schwungphase während pedaler Lokomotion.
11.4.8 DEKAPODE [ZEHNFÜSSER]
Tier mit zehn Gliedmaßen zur Lokomotion oder Schreitroboter mit zehn Pedipulatoren.
11.4.9 STRÖMUNGSWIDERSTAND
Widerstandskraft, die die Bewegung eines Körpers in einem Fluid hemmt.
11.4.10 WIDERSTANDSBEIWERT
Dimensionslose Zahl, die in Abhängigkeit von der Form eines umströmten Körpers dessen Strömungswiderstand kennzeichnet.
11.4.11 REIBUNG, VORTRIEBS-
Reibungskraft, die an einem Körper in einem Fluid wirkt, wenn beide sich in gleicher Richtung bewegen und die Strömungsgeschwindigkeit größer ist als die Geschwindigkeit des Körpers.
11.4.12 AUFFUSSEN [FUSSFALL]
Aufsetzen eines Fußes auf den Boden während pedaler Lokomotion.
11.4.13 GANGART [FUSSFALLMUSTER]
Modus der pedalen Lokomotion, gekennzeichnet durch Kontaktintervalle und relative Phasendifferenzen der Beinbewegungen.
11.4.14 GANGART, ASYMMETRISCHE
Gangart, bei der das Auffußen der Beine eines Beinpaares nicht in dem gleichen zeitlichen Abstand erfolgt wie im anderen Beinpaar, z. B. Galopp und Sprung.
11.4.15 GANGART, LAUFENDE
Gangart, bei der die Standphase jedes Beines weniger als die Hälfte eines Bewegungszyklus umfasst.
11.4.16 GANGART, SYMMETRISCHE
Gangart, bei der das Auffußen der Beine eines Beinpaares in dem gleichen zeitlichen Abstand erfolgt wie im anderen Beinpaar, z. B. Schrittgangart, Paßgang, Trab.
11.4.17 GANGART, SCHREITENDE
Gangart, bei der die Standphase jedes Beines die Hälfte oder mehr als die Hälfte eines Bewegungszyklus umfasst.
11.4.18 GALOPP
Asymmetrische Gangart eines Vierbeiners (insbesondere eines Pferdes) mit jeweils einem Führungsabstand am vorderen und hinteren Beinpaar.
11.4.19 GALOPP, ROTATORISCHER
Galopp, bei dem vorderer und hinterer Führungsabstand kontralateral auftreten.
11.4.20 GALOPP; TRANSVERSALER
Galopp, bei dem vorderer und hinterer Führungsabstand ipsilateral auftreten.
11.4.21 HEXAPODE [SECHSFÜSSER]
Tier mit sechs Gliedmaßen zur Lokomotion oder Schreitroboter mit sechs Pedipulatoren.
11.4.22 IDIOMOTION
Selbstständige, intern angetriebene Veränderung der Körperhaltung von Menschen oder Tieren, bei der Stützfläche und Massenmittelpunkt des Körpers nicht oder nur geringfügig im Verhältnis zur Körpergröße verlagert werden.
11.4.23 GRENZSCHICHT
Schicht eines Fluids die unmittelbar an einen Körper angrenzt.
11.4.24 FÜHRUNGSABSTAND [LEAD]
In einer asymmetrischen Gangart die Strecke zwischen den Auffußungen eines Beinpaares, gemessen zwischen dem Auffußen des räumlich führenden Beines und dem des zuvor aufsetzenden anderen Beines.
11.4.25 AUFTRIEB
Kraft, die der Schwerkraft eines Körpers in einem Fluid entgegen wirkt.
11.4.26 AUFTRIEBSKOEFFIZIENT
Dimensionslose Zahl, die den Auftrieb eines Körpers in einem Fluid kennzeichnet.
11.4.27 LOKOMOTION
Selbstständige, intern angetriebene Ortsveränderung von Menschen, Tieren oder Maschinen, bei der Stützfläche und Massenmittelpunkt des Körpers verlagert werden.
11.4.28 LOKOMOTION, ANGUILLIFORME
Undulatorische, aquatische Lokomotion eines schlanken zylinderförmigen flexiblen Körpers, bewirkt durch periodische, transversale und metachron verlaufende Verformungen des gesamten Körpers (z. B. bei Aal oder Wasserschlange).
11.4.29 LOKOMOTION, APEDALE
Lokomotion, die ohne Gliedmaßen durch periodische Deformationen des Körpers bewirkt wird (z. B. serpentische Lokomotion, peristaltische Lokomotion).
11.4.30 LOKOMOTION, AQUATISCHE
Lokomotion von Tieren im Wasser.
11.4.31 LOKOMOTION, ARBOREALE
Pedale Lokomotion auf oder an einem beliebig gestalteten und orientierten Substrat (z. B. ein Baum), bei der das Auffußen mit Kontaktsicherung einhergeht (z.B. durch Prehension).
11.4.32 LOKOMOTION, AVIATISCHE
Lokomotion von Tieren in der Luft.
11.4.33 LOKOMOTION, CARANGIFORME
Aquatische Lokomotion von Fischen, bewirkt durch laterales Verbiegen von Schwanz und Schwanzflosse (z. B. bei Forelle oder Lachs).
11.4.34 LOKOMOTION, OSTRACIIFORME
Aquatische Lokomotion von Fischen, bewirkt durch laterale Oszillation der Schwanzflosse (z. B. bei Kofferfischen).
11.4.35 LOKOMOTION, PEDALE
Lokomotion mit Hilfe von Gliedmaßen, die periodisch vom Boden abgehoben und auf den Boden aufgesetzt werden unter Veränderung des relativen Winkels zwischen den Längsachsen der einzelnen Glieder und des Rumpfes.
11.4.36 LOKOMOTION, PERISTALTISCHE
Lokomotion eines flexiblen und dehnbaren röhrenförmigen, aus Hydroskelett-Segmenten gebildeten Körpers, bei der jedes Segment durch zirkular und axial wirkende Muskeln abwechselnd transversal bzw. longitudinal verformt wird und diese Wechselwirkung metachron längs des Rumpfes verläuft (z. B. Lokomotion eines Regenwurmes).
11.4.37 LOKOMOTION, SERPENTISCHE
Undulatorische Lokomotion eines flexiblen zylinderförmigen, nach Gelenk- und Muskelanordnung segmentierten Körpers, bei der jedes Segment bei gleichbleibendem Querschnitt durch axial wirkende Muskeln transversal verformt wird und diese Wirkung metachron längs des Rumpfes verläuft (z. B. Lokomotion einer Schlange).
11.4.38 LOKOMOTION, TERRESTRISCHE
Lokomotion eines Körpers in wechselndem Kontakt mit der Oberfläche einer widerstandsfähigen Unterlage (z. B. Erdboden).
11.4.39 LOKOMOTION, UNDULATORISCHE
Lokomotion, die durch wellenförmige, sich in Bewegungsrichtung metachron fortpflanzende Verformung des gesamten Körpers oder einzelner, flächig ausgebildeter Körperteile bewirkt wird.
11.4.40 MANIPULATION
Idiomotorischer Gebrauch der Hand zur Prehension und zum gesteuerten Bewegen von Objekten relativ zur Umgebung.
11.4.41 METACHRON
Eine Welle von zeitlich aufeinanderfolgenden gleichartigen Ereignissen betreffend (insbesondere eine Welle muskulärer Kontraktionen, die durch die Körperhülle bestimmter Tiere wandert und deren Lokomotion bewirkt).
11.4.42 OCTOPODE [ACHTFÜSSER]
Tier mit acht Gliedmaßen zur Lokomotion oder Schreitroboter mit acht Pedipulatoren.
11.4.43 PASSGANG
Symmetrische Gangart eines Vierbeiners (insbesondere eines Pferdes), bei der sich die ipsilateralen Beine phasengleich bewegen.
11.4.44 STANDPHASE [KONTAKTINTERVALL]
Bewegungsphase eines Beines, in der es Bodenkontakt hat, den Körper stützt und ihn durch relative Retraktion vorantreibt
11.4.45 SCHWINGPHASE
Bewegungsphase eines Beines, in der es vom Boden abgehoben hat und durch Protraktion in die Position der folgenden Standphase bewegt wird.
11.4.46 PREHENSION
Koordinierte Fingerbewegung zum Erfassen, Greifen, Halten und Freigeben körperfremder Objekte während Idiomotion oder Lokomotion.
11.4.47 PRONATION [AUSWÄRTSDREHUNG]
1.Drehen des Untererarmes so, dass die Handfläche nach unten oder nach hinten zeigt. 2.Drehen der Fußsohle nach außen unter Anhebung des seitlichen Fußrandes. {Siehe auch: Pronation (5)}
11.4.48 SATZSPRUNG [BOCKSPRUNG]
Sprung, bei dem das Auffußen aller vier Beine gleichzeitig erfolgt.
11.4.49 PROTRAKTION
Vorziehen (z. B. eines Beines), Vorwärtsbewegung.
11.4.50 QUADRUPEDE [TETRAPODE] [VIERBEINER] [VIERFÜSSER]
Tier mit vier Gliedmaßen zur Lokomotion oder Schreitroboter mit vier Pedipulatoren.
11.4.51 RETRAKTION
Zurückziehen (z. B. eines Beines), Rückwärtsbewegung
11.4.52 SCHRITTGANGART [SINGLEFOOT]
Symmetrische Gangart eines Vierbeiners, bei der das aufeinander folgende Auffußen der vier Beine in etwa gleichem zeitlichen Abstand erfolgen.
11.4.53 SCHRITTGANGART, DIAGONALE
Schrittgangart, bei der jedes Auffußen eines Vorderbeines dem des kontralateralen Hinterbeines folgt.
11.4.54 SCHRITTGANGART, LATERALE
Schrittgangart, bei der jedes Auffußen eines Vorderbeines dem des ipsilateralen Hinterbeines folgt.
11.4.55 SCHRITTLÄNGE
Wegstrecke, die der Massenmittelpunkt eines Körpers während der Schwingphase eines Beines zurücklegt.
11.4.56 RAUMGRIFF
Wegstrecke, die der Massenmittelpunkt eines Körpers während jedes kompletten Bewegungszyklus eines Beines zurücklegt.
11.4.57 SUPINATION [EINWÄRTSDREHUNG]
1.Drehen des Unterarmes so, dass die Handfläche nach oben zeigt. 2. Drehen der Fußsohle einwärts unter Anhebung des medialen Fußrandes.
11.4.58 STÜTZFLÄCHE
Fläche, die bestimmt wird durch die am weitesten außen liegenden Kontaktbereiche zwischen Körper und Untergrund.
11.4.59 SCHWUNGLÄNGE
Wegstrecke, die der Massenmittelpunkt eines Körpers während der Standphase eines Beines zurücklegt.
11.4.60 TRAB
Symmetrische Gangart eines Vierbeiners (insbesondere eines Pferdes), bei der sich die diagonal kontralateralen Beine phasengleich und die ipsilateralen Beine mit einer Phasendifferenz bewegen.

11.5


Lage und Orientierung im Körper

11.5.1 ANTERIOR
Vorn am Körper gelegen.
11.5.2 ACHSEN, HAUPT-
Drei im Massenmittelpunkt sich rechtwinklig schneidende Achsen, bezeichnet als longitudinale Achse, sagittale Achse und transversale Achse. {Siehe auch: Hauptachsen (5)}
11.5.3 ACHSE, LONGITUDINALE
Schnittlinie von Medianebene und zentraler Frontalebene.
11.5.4 ACHSE, SAGITTALE
Schnittlinie von Medianebene und zentraler Transversal-ebene.
11.5.5 ACHSE, TRANSVERSALE
Schnittlinie von zentraler Frontalebene und zentraler Transversalebene.
11.5.6 CAUDAL
Am Schwanzende des Körpers gelegen oder darauf bezogen.
11.5.7 CRANIAL
Kopfwärts oder am Kopf gelegen oder darauf bezogen.
11.5.8 DISTAL
Entfernt vom zentralen Bereich des Körpers in Richtung seiner Peripherie gelegen. {Siehe auch: Distal (5)}
11.5.9 DORSAL
An der Rückseite des Körpers oder am rückenseitigen Teil eines Organs gelegen oder darauf bezogen.
11.5.10 INFERIOR
Unterhalb bezüglich eines anderen Organs oder einer anderen Struktur gelegen
11.5.11 LATERAL
Seitlich gelegen oder auf die Seite bezogen
11.5.12 LATERAL, KOL-
An der gleichen Seite oder paarweise gelegen, benachbart
11.5.13 LATERAL, KONTRA-
Auf die gegenüberliegende Seite bezogen
11.5.14 LATERAL, IPSI-
Auf die gleiche Seite bezogen
11.5.15 MEDIAL
Zur Mitte eines Körpers oder Organs gerichtet.
11.5.16 MEDIAN
Im zentralen Bereich eines Körpers oder Organs gelegen oder darauf bezogen.
11.5.17 PALMAR
Auf die Handfläche bezogen.
11.5.18 EBENE, FRONTAL-
Ebene, die einen Körper in dorsale und ventrale Bereiche teilt.
11.5.19 EBENE, MEDIAN-
Ebene, die einen Körper symmetrisch in eine rechte und eine linke Hälfte teilt.
11.5.20 EBENE, SAGITTAL-
Medianebene oder jede dazu parallele Ebene.
11.5.21 EBENE, TRANSVERSAL-
Rechtwinklig zur longitudinalen Achse liegende Ebene.
11.5.22 EBENEN, KARDINAL-
Drei rechtwinklig sich schneidende imaginäre Ebenen, die den Körper so teilen, dass seine Masse jeweils halbiert wird.
11.5.23 PLANTAR
Auf die untere Fläche des Fußes (Fußsohle) bezogen.
11.5.24 POSTERIOR
An der Rückseite des Körpers gelegen.
11.5.25 PROXIMAL
Nahe dem Rumpf oder der Mittellinie des Körpers gelegen. {Siehe auch: Proximal (5)}
11.5.26 SUPERIOR
Oberhalb eines anderen Organs oder einer anderen Struktur gelegen.
11.5.27 VENTRAL
An der Bauchseite des Körpers oder dem vorderen Teil eines Organs gelegen oder darauf bezogen.